EINE ALLES ENTSCHEIDENDE FRAGE – HAT SIMON HRUBEC SEINE MAGIE VERLOREN?

Die ZSC Lions geraten zum ersten Mal in Gefahr. Lausanne hat 5:2 gewonnen, der Final steht 2:2 und wird zum Drama. Weil Simon Hrubec erstmals ein «Lotter-Goalie» war.

Er ist der wichtigste ZSC-Spieler. Wird dieser zweite Heimsieg von Lausanne im Rückblick der Anfang vom Ende für die ZSC Lions sein? Oder bloss der nicht ganz unerwartete zweite Heimsieg für Lausanne, der am Ende bedeutungslos sein wird? Das sind die Fragen, auf die es bereits am Donnerstag in Zürich erste Antworten geben wird.

Wir haben am Dienstag nicht die wahren ZSC Lions gesehen. Sie erreichten weder die Intensität noch die Konzentration oder Dominanz des Heimspiels vom Samstag (4:2). Die Aussicht, dass der Final im Falle einer Niederlage ja erst 2:2 stehen wird und der Heimvorteil unangetastet bleibt, dürfte auch eine Rolle gespielt haben. Die Waadtländer können nur Meister werden, wenn sie ein Spiel in Zürich gewinnen. In den beiden ersten Anläufen sind sie gescheitert. Obwohl sie bis zur «Halbzeit» in Führung lagen.

Lausanne hatte seinen Sieg im ersten Heimspiel (4:2) primär seiner Härte zu verdanken, auf die die Zürcher keine Antwort fanden. Beunruhigend war das noch nicht. Es war ja eigentlich logisch, dass Lausanne beim ersten Finalheimspiel seiner Geschichte aufgeputscht sein würde. Kein Grund zur Sorge. Aber in dieser vierten Partie am Dienstag war etwas anders als bisher. Etwas, was die ZSC Lions schon ein wenig beunruhigen sollte.

Geoff Ward hat das Duell der Bandengeneräle gegen Marc Crawford gewonnen.

Anders als im ersten Spiel in Lausanne waren nun Härte und Intensität keine Schlüsselfaktoren. Beide Teams waren sich in diesem Bereich ebenbürtig. Die Gastgeber vermochten ihren Gegner nicht mehr einzuschüchtern. Und das hätte ein Vorteil für die Zürcher sein müssen. War es aber nicht. Zum ersten Mal war Lausanne taktisch besser. Geoff Ward hat das Duell der Bandengeneräle gegen Marc Crawford gewonnen. Lausannes Spielanlage mit schnellen Gegenangriffen, in die sich die Verteidiger einschalten, erweist sich als die bessere.

Die ZSC Lions sind beim 2:5 weder Fisch noch Vogel: Sie spielen nicht konzentriert defensiv und sie sind auch offensiv zu wenig dominant und zu undiszipliniert. Sie stranden im taktischen Niemandsland. Kommt dazu: Wenn Sven Andrighetto und Denis Malgin mit sechs Strafminuten belegt werden, können die Zürcher nicht gewinnen. Lausanne ist es erstaunlich leichtgefallen, in einer entscheidenden Phase die Titanen der ZSC-Offensive zu frustrieren.

Das lässt sich bis am Donnerstag korrigieren. Aber eine Sorge bleibt: Hat Torhüter Simon Hrubec seine Magie verloren? In den acht Partien auf dem Weg in den Final kassierte er zehn Tore. Nun sind es im Final schon elf in vier Spielen. Im Viertelfinal gegen Biel pariert er 94,33 % der Schüsse, im Halbfinal gegen Zug sind es gar 94,50 %. Meisterliche Werte. Keine Frage: Mit Simon Hrubec in dieser Form werden die ZSC Lions Meister. Erst recht hinter so guten Vordermännern. Die Zürcher hätten mit dem Tschechen in dieser Form am Dienstag in Lausanne eine Chance gehabt. Und vor dem Final gab es keinerlei Anzeichen, dass Simon Hrubec seine Magie verlieren könnte. Im ersten Finalspiel (2:1) parierte er noch fabelhafte 97,50 % der Pucks.

Aber nun war er am Dienstag erstmals ein gewöhnlicher Goalie. Zwei der ersten drei Tore (zum 0:1 und zum 1:3) sind – gemessen an seiner Klasse – haltbar. Die Fangquote beim dienstäglichen 2:5 ist auf 86,21 Prozent gesunken. Die Statistik eines «Lotter-Goalies». Nur einmal in dieser Saison hat Simon Hrubec weniger Pucks gestoppt: bei der 3:4-Verlängerungsniederlage am 14. Oktober in Ambri (83,33 %).

Mit einem gewöhnlichen Torhüter gewinnen die ZSC Lions trotz aller spielerischen Herrlichkeit und Ausgeglichenheit gegen dieses Lausanne nicht, das jede Gelegenheit nützt, um den Puck aufs Tor zu bringen. Um Simon Hrubec eine Chance zu geben, einen Fehler zu machen.

Nur wenn Simon Hrubec am Donnerstag wieder sein bestes Hockey spielt, werden die ZSC Lions die fünfte Partie gewinnen und im Final 3:2 in Führung gehen. Auch grosse, magische Torhüter haben mal einen schlechten Abend. Grosse, magische Goalies stehen sofort wieder auf. Das ist die meisterliche Hoffnung der ZSC Lions. Immerhin war Simon Hrubec bisher der beste, verlässlichste Goalie der Liga und konstanteste ZSC-Spieler.

Oder gibt es einen Grund für das Nachlassen des ZSC-Schlussmannes? Vor dem Final schien klar: Die Zürcher werden mehr Energie haben. Weil sie bloss acht Spiele brauchten, um in den Final zu kommen, Lausanne aber zwölf, inklusive zwei mit einer ordentlichen Verlängerung. Simon Hrubec hat diese Saison in der Qualifikation so viele Partien bestritten wie kein anderer Torhüter (42 – 2552:19 Minuten). Connor Hughes hat es auch verletzungsbedingt nicht einmal auf halb so viele Einsätze (19) und halb so viel Arbeitszeit (1110:10 Minuten) gebracht. Auch in den Playoffs stand noch für zwei Partien Kevin Pasche im Kasten.

Triumphiert Lausanne, weil es den frischeren letzten Mann hat? Das wäre die Höchststrafe durch die Hockey-Götter: Für die ZSC Lions gab es während einer sorglosen Qualifikation nämlich nie eine Notwendigkeit, Simon Hrubec so stark zu forcieren. Immerhin ist er schon 32.

Nun sollten die Klotener dem ZSC-Goalie die Daumen drücken: Wenn die ZSC Lions den Titel holen, ist die Chance gross, dass ZSC-Sportchef Sven Leuenberger den aus Amerika heimkehrenden Ludovic Waeber aus dem Vertrag freigibt und für nächste Saison nach Kloten ziehen lässt. Dann hat Kloten keine Goalie-Sorgen mehr. Werden die ZSC Lions hingegen nicht Meister, wird er Ludovic Waeber behalten, um nächste Saison Simon Hrubec entlasten zu können.

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