7 MAL, ALS EIN BISSCHEN STOFF FüR GANZ VIELE DISKUSSIONEN SORGTE

Für die neue Olympia-Kleidung der US-Leichtathletinnen muss Hersteller Nike viel Kritik einstecken. Es ist nicht das erste Mal, dass der Bekleidungsstoff von Athleten – oder meistens Athletinnen – für Diskussionsstoff sorgt.

Im Rahmen des Nike Air Innovation Summit stellte der Kleiderhersteller auf einem Pariser Laufsteg die Kollektion für die Olympischen Sommerspiele vor. Für grossen Diskussionsstoff sorgte eine Variante des Sprint-Dresses der US-amerikanischen Frauen. Kritikpunkt: die tief ausgeschnittene Intimzone, die eher an einen Badeanzug à la «Baywatch» erinnert als an Funktionskleidung.

«Wenn dieses Outfit wirklich die physische Performance verbessern würde, würden die Männer es tragen.»

- Lauren Fleshman -

Während die Hürdenläuferin Queen Harrison Claye humorvoll konstatierte, dass das von Nike vorgestellte Dress eine strikte Intimhygiene voraussetze, brachte die US-Sportlerin Lauren Fleshman die Diskussion darüber, ob weniger Stoff aus sportlicher Sicht nun vorteilhafter sei oder nicht, auf den Punkt: «Wenn dieses Outfit wirklich die physische Performance verbessern würde, würden die Männer es tragen.»

Laut der Washington Post haben sich die Wogen aber bereits wieder etwas geglättet, da der Schnitt – so erklärt es die Weitspringerin Tara Davis-Woodhall – auf dem Foto mit der Schaufensterpuppe «ein bisschen anders aussehe als in echt».

Die Firma Nike reagierte auf die Kritik und gab an, dass den Athletinnen und Athleten verschiedene Varianten zur Verfügung stehen würden und sie somit frei entscheiden könnten, was sie gerne tragen möchten. Eine Argumentation, die Fleshman nicht gelten lässt: «Es geht um Respekt. Dieses Outfit sollte nicht mal eine Option sein.»

Mehr zum Thema:

«Hier kämpfen die Schamlippen» – Nike gerät wegen freizügigen Olympia-Outfits in Shitstorm

Dass Kleidervorschriften im Sport für Diskussionen sorgen, ist nicht neu. Sind die Regeln in Bezug auf das Tenue zuweilen durchaus sinnvoll, sorgen sie oftmals für Stirnrunzeln. Insbesondere dann, wenn die Beweggründe für eine Vorschrift rein ästhetischer Natur sind und für Frauen und Männer nicht dieselben Regeln gelten. Ein Ausflug in die kuriose Welt der Kleidervorschriften und -gepflogenheiten im Sport.

Eine Frage des «Respekts»

Im Tennis treten Frauen für gewöhnlich in kurzen Röcken an. So brachte Serena Williams die Verantwortlichen ganz schön aus dem Konzept, als sie an den French Open 2018 in einem schwarzen Einteiler, einem sogenannten «Catsuit», antrat. Der damalige Präsident des französischen Tennisverbandes, Bernard Giudicelli, sah in Williams' Kleidung nichts weniger als einen Angriff auf den Tennissport: «Der Sport und der Platz müssen respektiert werden», befand er, und wollte das Tragen eines Kompressionsanzugs an den French Open verbieten.

Williams gab an, dass sie den Anzug aus gesundheitlichen Gründen getragen habe. Gerade erst Mutter geworden, wollte die US-Amerikanerin mit dem Anzug Blutgerinnseln vorbeugen. Giudicellis Vorhaben, den Catsuit aus Roland Garros zu verbannen, fand kein Gehör. 2019 erlaubte die Frauen-Tour WTA Kompressionsanzüge offiziell.

«Während der Spiele die Periode zu haben, ist schwierig genug, aber dann noch weiss zu tragen, macht es noch schwieriger.»

- Alicia Barnett -

Auch in Wimbledon konnten die Tennisspielerinnen eine Auflockerung des strengen Kleiderregimes auf dem Centre Court erwirken. Nachdem am traditionsreichen Turnier 146 Jahre lang ausschliesslich weisse Kleidung getragen werden durfte, ist nun auch dunkle Unterwäsche erlaubt. Und zwar aus dem einfachen Grund, dass weisse Unterwäsche während der Menstruation maximal unpraktisch ist. «Während der Spiele die Periode zu haben, ist schwierig genug, aber dann noch weiss zu tragen, macht es noch schwieriger», sagte die britische Tennisspielerin Alicia Barnett dazu.

Weniger ist mehr – oder doch umgekehrt?

«Lasst die Frauen in femininerer Kleidung spielen, wie sie das beim Volleyball tun. Sie könnten, zum Beispiel, engere Shorts tragen.»

- Sepp Blatter -

Während Frauen beim Fussballspielen lange Zeit möglichst wenig Bein zeigen durften und deshalb Röcke über Knickerbockers trugen, unterscheidet sich das Tenue heute kaum von demjenigen der Männer. Der ehemalige FIFA-Boss Sepp Blatter wünschte sich einmal, dass die Fussballerinnen mehr Haut zeigen und der Sport dadurch an Popularität gewinnt. 2004 sagte der Walliser: «Lasst die Frauen in femininerer Kleidung spielen, wie sie das beim Volleyball tun. Sie könnten, zum Beispiel, engere Shorts tragen.»

Mehr Punkte dank mehr Haut

Das knappe Outfit, das Kunstturnerinnen für gewöhnlich tragen, ist zwar streng genommen nicht Pflicht. Lange Hosen sind in dieser Sportart, in der die Ästhetik eine grosse Rolle spielt, aber nicht gern gesehen – nur bei den Frauen, versteht sich. «Wenn man die Turnhose angelassen hat, gab es direkt Abzüge», sagte die ehemalige Turnerin Naomi van Dijk über die ungeschriebene Regel. An der Europameisterschaft 2021 wagten die deutschen Kunstturnerinnen schliesslich den Bruch mit der Tradition – sie traten in langen Hosen an.

Mit dem Minirock in den Ring

2012 in London wurde das Frauenboxen olympisch. Vor dem Turnier dachten die Verantwortlichen laut darüber nach, die Athletinnen in Miniröcken antreten zu lassen. Eine daraufhin eingereichte Online-Petition, die sich gegen das Vorhaben aussprach, wurde 60'000 Mal unterschrieben und die Idee wieder verworfen. Die irische Profi-Boxerin Katie Taylor meinte damals: «Ich trage keinen Minirock, wenn ich ausgehe, daher werde ich definitiv keinen im Ring tragen.»

Das Recht auf eine freie Entscheidung

Im Beachvolleyball führte der Weltverband 2004 die Regel ein, dass die Bikinihose an der Seite maximal sieben Zentimeter breit sein darf – 2012 wurde die Vorschrift wieder aufgehoben. Beachvolleyballerinnen steht es seitdem frei, was sie anziehen möchten, dennoch entscheiden sich die meisten Athletinnen für den Bikini.

2022 sorgte die Kleiderordnung jedoch erneut für Zündstoff. An einem Turnier in Doha forderte der Veranstalter, dass sich die Spielerinnen bedecken. Die Athletinnen wehrten sich gegen diese Vorschrift. In erster Linie ging es ihnen darum, wie die Schweizer Beachvolleyballerin Joana Mäder in einem Interview mit watson erklärte, frei über die Kleiderwahl entscheiden zu können.

Als der Bauchnabel vom Eis verbannt wurde

Während Sepp Blatter gerne mehr Haut gesehen hätte, zeigte die deutsche Eiskunstläuferin Katarina Witt an den Olympischen Spielen in Calgary 1988 in den Augen der Funktionäre zu viel davon. Infolge ihres Auftritts in einem knappen, blauen Body trat eine Regeländerung in Kraft. Eiskunstläuferinnen mussten fortan Bauchnabel, Hüfte und Hintern vollständig bedecken. 2004 wurde die Regel wieder aufgehoben.

Bonus – deshalb trägt die Seleção gelbe Trikots

Ein Uru bringt das Maracanã zum Schweigen und sorgt für Brasiliens gelbe Trikots

Mehr Sport

2024-04-19T09:02:07Z dg43tfdfdgfd